transidente kommen mit einem widerspruch auf diese welt. zwischen empfinden und erleben klafft eine lücke. nicht, dass das nicht jeder mensch irgendwann mal erlebt. jeder mensch lernt, orientiert sich in seinem umfeld, nimmt feinabstimmungen vor. sowas nennt man anpassung. bei transidenten ist es aber damit nicht getan. wir passen uns irgendwie an, aber die lücke, oder dieses gefühl, dass irgendwas nicht zueinander passt, das bleibt erhalten.
umso schöner ist es, wenn man näher zu sich kommt. ich liebe das. ich weiß auch, dass es geht. deswegen suche ich manchmal regelrecht nach gelegenheiten, näher zu mir zu kommen. und wenn ich etwas gefunden habe, mit dem mir das gelingt, kann ich anderen leuten schon mal mächtig auf die nerven gehen. oder: ich kann sie auch mit dem ergebnis eines annäherungsprozesses beglücken. mit den früchten, die jener trägt. là volià.
heute schreibe ich deswegen, wie man einen himbeer-schokoladen-kuchen macht. ich habe ihn zuletzt am 3. oktober hergestellt. ich habe den deutschen dingsbumsfeiertag damit begangen, einen französischen gâteau herzustellen. ich schätze die französische backkunst über alle maßen. sie ist raffinierter, pointierter, geschmackszentrierter. und in ihr werden hauptsächlich leckere sachen wie sahne, fett, zucker und eier verarbeitet. in der deutschen backtradition sind eher füllstoffe, die für masse sorgen, beliebt. mehl zb.
mehl schmeckt nach nichts, es klumpt nur den magen zu. sahne, zucker und eier schmecken dagegen sehr. probiert's aus, nehmt einen löffel mehl (husthusthust) und einen löffel mit zucker verrührtem eigelb (hmmmm). das ergebnis ist eindeutig, oder? die konsequenz: lieber zutaten verwenden, die schmecken. irgendwann ging mir das mal auf. und ich war wieder ein bisschen näher zu mir selbst gerückt. nieder mit den rührkuchen!
in backanleitungen sind ja immer alle zutaten schön aufgelistet. desgleichen, was man damit anstellen soll, nicht? denkste. eine zutat fehlt immer, und zwar: LUFT. ohne luft keine fluffigkeit, kein volumen, kein mhmmmm! wenigstens wenn man diesen job nicht dem backpulver im mehl überlassen will. backpulver brauchen wir aber nicht, wenn wir backen.
für den biskuitteig brauchen wir: 4 eier, 125 g puderzucker, 90 g mehl und 30 g kakaopulver. die eier werden gekonnt getrennt und mit jeweils der hälfte des zuckers energisch aufgeschlagen. sprich: es wird ordentlich luft ins ei eingearbeitet. beim eigelb entsteht da eine feine, cremig-beige masse, beim eiweiss natürlich eischnee. letzterer wird dann mit viel sorgfalt in erstere untergehoben. das mehl und der kakao werden dann darauf gesiebt und vorsichtig eingerührt. am besten so, dass der teig nicht flach und pappig wird, denn wie gesagt: wir legen wert auf die luft darinnen.
nächstes zwischenziel: wir brauchen drei biskuit-teigscheiben mit einem durchmesser von ca. 20 cm. wie vorgehen? man könnte den ganzen teig in eine form klatschen, das ganze konsequent durchbacken und anschließend das ganze aufwendig mit einem großen messer oder einem bindfaden in drei scheiben schneiden. das klappt aber sicher nicht, deswegen machen wir es auch nicht so.
wir zeichnen uns lieber kreise mit dem durchmesser von 20 cm auf backpapier, legen dieses auf ein backblech und verteilen den teig gleichmäßig und akkurat im rahmen der vorgezeichneten form. das ist eine sehr kreative angelegenheit, wir müssen uns nämlich nicht unbedingt an herkömmliche kreisformen halten, wir könnten theoretisch auch drei-, vier-, fünf- oder sonstige vielecke, sterne, wolken oder noch viel ausgefallenere formen gießen. die überraschten blicke der kaffeegäste sind einer damit sicher.
ein löffel kann hilfreich sein |
so kann es aussehen, bevor es in den ofen kommt |
nun kommt das ganze in den auf 180° vorgeheizten backofen und wird 8 minuten lang ausgebacken. nicht länger, wir wollen schließlich keine riesenkekse produzieren. die drei böden auf 'nem gitter schön auskühlen lassen.
solange das kühlt, können wir schokosahne schlagen. dazu brauchen wir: 500 g sahne und 250 g zartbitterschokolade. und natürlich luft. aber sonst nichts.
die schokolade im wasserbad aufschmelzen. die sahne in mehreren portionen steif aufschlagen (das heisst? ja?! luft einarbeiten, genau). wenn die schoki abgekühlt ist wird sie dann ohne großes gehadere in die sahne eingearbeitet. keine sorge, das hält. anschließend kann man das ganze kühl stellen, damit die konsistenz ein wenig fester wird. es sieht dann so aus:
lecker schokolade in lecker sahne |
in der französischen backkunst gibt es ein paar kleinigkeiten, die in der deutschen entweder weitestgehend unbekannt sind oder misstrauisch beäugt und ignoriert werden. das tränken von tortenböden mit selbst hergestellten sirupsen gehört dazu. geschmacklich ist der HAMMER. für einen himbeer-sirup benötigen wir: 150 ml wasser, 75 g puderzucker und ein volles likörglas himbeergeist. das wasser mit dem zucker in einem topf lustig aufkochen lassen, dann vom herd nehmen und den himbeergeist hineingeschüttet. wenn man sich nicht sicher ist, ob man es schon getan hat, lieber noch einen rein, das schadet nichts. kalt werden lassen. und dann: in einem teller die biskuitböden kompromisslos mit dem hergestellten sirup tränken. vorsicht, wenn sie zu nass werden, brechen sie. die böden nicht tunken, sondern eher übergießen und mehrmals wenden. dann ein bisschen abtrocknen lassen.
so, nun sind sie saftig und wahre und konzentrierte geschmackstellerminen. huh!
nun wäre es langsam an der zeit gewesen, 350 g himbeeren aufzutauen. natürlich könnt ihr auch frische nehmen, aber die sind meines erachtens viel zu teuer. und da sie eh mit schokosahne zugeklatscht werden, ist tk-ware vollkommen aureichend. wenn wir alles beisammen haben kommen wir nun zu ...
... la montage |
wir halten uns nicht mehr als nötig damit auf. ein boden kommt auf die pappe, die hälfte der himbeeren auf den boden und ein drittel der schokosahne auf die himbeeren (ganz einfach). mit einem im heißen wasser erwärmten messer kann man die sahne schön glattstreichen. dann kommt der nächste boden drauf, die restlichen himbeeren, das nächste drittel schokosahne und der letzte boden. mit der restlichen schokosahne den kuchenkorpus schön glatt verblenden.
himbeeren verteilen |
alles cool verblenden |
schokosahne einmassieren |
zackzack, fertig, ab damit in den kühlschrank, damit alles ein bisschen fester wird.
anschließend, und zu allerletzt ... für den schokoüberzug, der allem den letzten schliff und eine zarte und vor allem verführerische eleganz verleiht, benötigen wir 140 g zartbitterschokolade, 200 ml sahne und 25 g honig. das alles wird dann im wasserbad zum schmelzen gebracht und glattgerührt. wenn es ein bisschen abgekühlt ist, wird es etwas dickflüssiger. genau so, wie wir es benötigen.
den kuchenkorpus flugs auf ein gitter gesetzt, jenes dann auf eine große schüssel, damit man alles schön drehen kann, und dann ... *trommelwirbel* ... einen teil des schokogusses auf den korpus gießen. gelassen zuschauen, wie jener über den rand hinausläuft und ihn dann mit einem warmen messer seitlich glattstreichen. den guss antrocknen lassen, mit dem rest des gusses die gleiche prozedur so lange wiederholen, bis alles schön überzogen oder ... der guss alle ist. wieder kühlen.
aus reinem übermut kann man nun noch mit einem bisschen geschmolzener schokolade einen schriftzug auf den guss zaubern. weil es am dramatischsten klingt, habe ich mich für la framboise (die himbeere) entschieden. weil mein schwung etwas zu dramatisch war, habe ich leider zu groß geschrieben und musste für das "se" neu ansetzen. naja, nicht so schlimm, ich glaube, die botschaft kommt rüber ... *kicher*
mobile gussapparatur, im kreis schwenkbar | , mit gussauffangbecken |
la framboi se |
was das ganze nun mit genuss zu tun hat? nunja, probiert es aus.
was das ganze mit revolution zu tun hat? hm, verschiedenes. zum ersten könnten wir das ganze nicht in kreisform, sondern in sternform backen und den guss mit lebensmittelfarben in schwarz und/oder rot einfärben. zum zweiten ist es, vom standpunkt der deutschen backtradition, eine geschmacksrevolution. seitdem ich solche sachen backe, verzweifele ich regelmäßig über das angebot deutscher bäckereien. dann lieber gar nichts essen. die existenz solcher leckereien stellt alles, was man hierzulande so kennt, auf den kopf.
und ... zu guter letzt ... rückt es die verhältnisse gerade. wie ich eingangs erwähnte, kommen transidente mit einem grundlegenden widerspruch auf die welt. den kann nicht jeder mensch teilen. aber wenn man sich ein stück von diesem kuchen zu gemüte führt, kann man diesen widerspruch nachempfinden. als kluft zwischen dem, was man empfinden kann und dem, was die trostlose normalität einem tag für tag als nonplusultra anbietet. es ist atemberaubend, es macht sprachlos ... und glücklich.
bon appétit! |
Erfrischend ulkig aufbereitet ist hier jedenfalls schon mal das Rezept an sich. Für mich ist so ein Kuchen aber irgendwie zu aufwändig, so lecker der ggf. auch sein mag, zudem bin ich aber schon seit längerem auf 'Essig-Diät'... (Ich frag mich dabei einfach regelmäßig: "Essig jetzt noch etwas, oder Essig besser nichts mehr?") LG - Nicky
AntwortenLöschenhhhmm....hört sich das vielleicht lecker an,da hast du dir ja so
AntwortenLöschenrichtig mühe gegeben.
dachte ja nicht dass das soooo ne arbeit ist ;)
werde ich vielleicht mal ausprobieren,ist ja ne ganz schöne
kalorienbombe :)
liebe grüsse,silke